Urlaub 2023 🏖️

Teil 1: von Erwartungen & Enttäuschungen

Es sollte unsere Zeit zum Durchatmen werden. 

Ein Tapetenwechsel, Meer, Wellen, Strandgeruch in der Nase, Planschen im Pool, Kinderlachen, mittags Pommes mit Ketchup und jederzeit soviel Eis bis die Bäuche weh tun. 


Klar, ich hatte den Sand versus eingecremte Kinderpopos auf dem Schirm. 

Das tägliche Duschen und Haare waschen von Kindern, die davon gar nicht begeistert sein würden. 

Auch, dass die aufregende Anreise mit Flughafenprozedere und der Flug ansich für das große Mädchen und mit einem sehr aktiven, kleinen Mädchen herausfordern sein werden. 

Aber ich dachte wirklich, dass zwischendrin schöne, erinnerungsträchtige Momente liegen werden. 


Wie gerne würde ich hier einen sarkastisch starken Text über Fressereien am Hotelbuffet, meinen wabbelnden Hintern, der nach Brokkoli, statt der dritten Jumbokugel Schokoeis bettelt, entzückende Kinderbezeichnungen von all den neu erlebten Dingen und selbstironische Sätze wie „naja der Sonnenbrand auf der Nase passt wenigstens zum Kleid“ schreiben. 


Darauf habe ich mich ehrlich gesagt auch sehr gefreut. Mal was erleben, was mir wieder mit Leichtigkeit von der Hand in die Tastatur fließt. Futter fürs Schreibe-Hirn und euch als Lesende, abseits von den ganzen schwierigen Themen aus unserem momentan anstrengenden Alltag. 


Und ich könnte mich Ohrfeigen, dass ich aufgrund dieses, meines eigenen Erholungswunschs so verblendet war, dass ich anscheinend wirklich gedacht habe, dass wir uns im Urlaub, dem Hotel, der ungewohnten Umgebung und abseits unserer alltäglichen, Sicherheit gebenden Strukturen schon irgendwie arrangieren, einfinden und sowas wie Leichtigkeit unter der spanischen Sonne empfinden werden.


Beim Betreten der Hotellobby auf der Urlaubsinsel fiel es mir wie Schuppen von den Augen:


Wir sind noch nicht so weit, als dass eine Fremdbestimmung durch ein Hotel mit all seiner Hektik, festgelegten Zeiten und Massenabfertigungen mit unserer Lebensweise kompatibel ist. 


Was habe ich mir nur dabei gedacht?! 

Ich hätte es doch mit meinem ganzen Wissen um unsere Konditionen besser wissen müssen! 


Während ein Mädchen stark somatisch mit Magen -Darm Symptomen reagierte und sich überreizt in sich zurück zog, gefangen zwischen: ich möchte schon irgendwie die neue Umgebung erkunden, schaffe das aber aufgrund verschiedener äußerer Faktoren nicht; schaltete das andere Mädchen mit plötzlicher Rotznase in einen Super-Turbo-Duracell-Hasen-Modus, der nichts mehr zu ihr durchdringen ließ. 


Teil 2: Urlaubsalltag 


So verbrachte ein Elternteil 10 Tage damit, einer kleinen Weltenentdeckerin hinterzurennen 

(und ich spreche hier bewusst von rennen, die Applewatch sprach von 8-11km Strecke am Tag), während ein anderes Elternteil damit beschäftigt war, dem anderen Mädchen konstant jegliche Tagesaktivitäten vorzuschlagen, sie zu motivieren, vorzubereiten, zu begleiten, Gefühle zu spiegeln, zu regulieren, aufgewühlte Zustände zu beruhigen, täglich mehrere aktive Ruhephasen zum Verarbeiten anzubieten und den eigenen Zeitplan mit den Zeiten des Hotelbetriebs abzugleichen, um einen Slot zu finden, zu dem im Restaurant weniger los war und es eine Chance auf einen Sitzplatz draußen gab, damit dort, bei etwas reduzierterer Lautstärke als drinnen, etwas gegessen werden konnte.


Wir mussten uns also dringlichst innerhalb ein paar Tage eine so sehr benötigte, aber komplett neue (Alltags-) Struktur aufbauen, die auch noch sämtliche, typisch schöne Urlaubsaktionen inkludiert. 

Dazu erstmal Taschentücher und Waschmittel kaufen. 


Nachts brauchte je ein Kind ein Elternteil, vor allem das Duracell Häschen schlief nur im direkten Körperkontakt auf einem Elternteil drauf und beide Mädchen dazu extrem spät ein, so dass wir Eltern das Thema Schlaf am Stück oder abends Zeit für uns auch abhaken konnten. 


Immerhin hatte ich diesesmal in weiser Voraussicht kein Buch mit eingepackt, was mich jetzt die nächsten 10 Tage aus dem Koffer heraus auslachen konnte. 


Tagsüber sahen wir Eltern uns kaum. 

Unsere Kommunikation belief sich auf hastig ins Telefon getippte Kurznachrichten mit den aktuellen Zustandsberichten und Abklärungen, wer wann mit welchem Kind wohin versucht zu gehen. 


Teil 3: Essen & Gefühle 


Die Essenssituation raubte uns allen tatsächlich am meisten Kraft. 

Jedes Elternteil kennt es wohl: 

ein hungriges, überreiztes Kind ist meist ein zusätzlich schlecht gelauntes Kind. 


Keines der Mädchen konnte zu den Essenszeiten im Hotel mit dem typischen Hotelbetrieb essen. 

Alleine der Übergang von Aufstehen, fertig machen und das Zimmer zum beispielsweise Frühstück verlassen, war eine große Überwindung, die viele Ressourcen kostete. 


Entsprechend energielos war auch die Laune. 

Auch als Eltern isst es sich eher gehetzt, wenn ein Kind nebendran alles Greifbare laut brüllend durch die Gegend pfeffert und das andere sichtbar angsterfüllt damit beschäftigt ist, die nähere Umgebung ab zu scannen und im Stuhl zu verschwinden.

Die ersehnten Pommes lehnten beide Kinder ab. 

Auch Eis gab es kaum. 

Dafür dann irgendwann das Tablet auf den Tisch und neidische Blicke zu Elternpaaren, deren Kinder friedlich neben dem Esstisch im Kinderwagen schliefen. 

Und zu den aus England stammenden Familien, die ganz selbstverständlich eine Leine für ihre jüngsten Kinder hatten. 


Ich habe das erste Mal in diesem Urlaub geweint, als ich am Strand in einem kleinen Restaurant unser absolutes Safefood „Meloneneis“ am Stil entdeckt habe. 

So etwas kann eine ganze Situation retten. 


Generell habe ich viel geweint. 

Allerdings aus Frustration, Erschöpfung und unerreichbaren Wunschvorstellungen, nicht vor Rührung und Erleichterung über eine bestimmte Eiscreme. 

Zu groß der unerfüllte Wunsch nach Familienharmonie, der Wunsch den Kindern ein schönes Urlaubserlebnis zu bereiten, zu schmerzhaft die Einsicht, dass ein Hotelaufenthalt das absolut Verkehrteste für unsere Familie ist und zu groß die Sorge, ob ich mit der Aussetzung in diese permanente Stresssituation, gepaart mit meiner eigenen miesen Stimmung und kurzer Reißleine einen dauerhaften Schaden bei den Mädchen anrichte. 

Zu erschöpft um überhaupt so etwas wie eine eigene stabile Laune zu entwickeln, zu müde um all die Kämpfe auszutragen. 


Teil 4: Strand & Baden


Den von uns Erwachsenen so erwartungsvoll herbeigesehnten Strand haben wir nur zweimal gesehen. 

Zu unbewältigbar der ganze Aufwand davor und danach, um panierte Kinder und die zwei Stunden Sandeln (da noch zu kalt für Baden im Meer) zu rechtfertigen. 


Generell lud das Wetter nicht sonderlich freundlich zum Baden ein. 

Da aber Wasser das Element des großen Mädchens ist, war ein Elternteil trotzdem jeden Tag mit ihr im wirklich saukalten Nass. 

Danach das obligatorische Frieren bei 18 Grad auf der Pool-Liege und das Festhalten am Cappuccino, der heißen Schokolade und einem Crêpes von der Café-Bar mit der Kellnerin, deren schrille Stimme ich bis jetzt noch im Ohr habe. 

Hier würde ich zB gerne was über Hintern, Crêpes und Brokkoli schreiben, aber mir ist die Laune tatsächlich gründlich vergangen.


Ein Highlight war zum Glück eine hoteleigene Schwimmlehrerin, die Einzelstunden anbot. 

Lange haben wir überlegt, ob wir das zusätzlich zu den ganzen eh schon vorhandenen (über-) Reizen dem großen Mädchen zumuten können, aber schlussendlich habe ich sie einfach angemeldet. 


Nach anfänglicher Skepsis konnte sich das große Mädchen darauf einlassen und ist nun auf dem besten Weg eine richtig gute Schwimmerin zu werden. 

Sogar das Tauchen hat sie gelernt und übte das am letzten Tag bei Regen und 16 Grad auch fleißig alleine weiter, während ich mich bei besagtem Cappuccino, eng in eine Windjacke gekuschelt unter einem Sonnenschirm zum Anfeuern und Aufpassen verschanzt hatte. 

Logischerweise war in diesem Sonnenschirm eine Spinne, was mich dann zum hektischen Herumtanzen und Ortswechsel brachte. 


Teil 5: Schönes & Schieflaufendes


Und ja, es gab auch tolle Momente. 

Zum Beispiel als das große Mädchen all ihren Mut aktivierte und mir alleine vom trubeligen Hotelbuffet ein Glas Wasser mit Zitrone drin holte. 

Oder als das kleine Mädchen eine einzige Nacht durchschlief. 

Oder als beide Mädchen mit ordentlich Sicherheitsabstand zur Minidisco zu den von dort schallenden Liedern mitgetanzt haben. 

Wie schnell sich das große Mädchen doch die ganzen Tanzschritte merken kann! 

Das Video von den lachenden und tanzenden Mädchen ist nicht nur im Handy sondern auch tief im elterlichen Herzerl gespeichert. 

Sehr schöne fünf Minuten.


Leider überwog aber der anstrengende Teil des Urlauballtags und natürlich lief dann auch noch einiges schief: 


Die Schwimmlehrerin verschlief unsere erste Stunde, hatte dann erstmal drei andere Kund:innen und das große Mädchen, dass sich innerlich auf ihre erste Schwimmstunde gut vorbereitet und nun sehr aufgeregt gefreut hatte, musste solange warten. 


Natürlich habe ich abgelenkt, erklärt, begleitet und die Wartezeit gefüllt, trotzdem war das doof, da wir auch sehr zeitig aufgestanden waren und ich auf ein Frühstück bestanden hatte; also sie schon ganz viel ‚musste‘ an diesem Tag. 


An unserem einzigen geplanten Ausflugtag fuhr dann die Fähre, für die ich abends zuvor online Tickets gebucht hatte, nicht und mein spontanes Umschwenken auf eine Busfahrt in die nächstgelegene Stadt endete damit, dass ein zu voller Bus entschuldigend hupend an uns vorbei fuhr. 

Schlussendlich haben wir ein Taxi genommen, ohne Kindersitze und mit zwei maulenden und ängstlichen Mädchen auf und neben mir. 


Auch die ganze Vorbereitung der Mädchen auf die Bootsfahrt, hätten wir uns somit sparen können. 

Erst weigerte sich das große Mädchen nämlich überhaupt bei dem Gedanken ein Boot zu betreten, dann konnte sie es nach Vorbereitung mittels Bilder und Erklärungen kaum abwarten und war entsprechend enttäuscht, als wir am Steg die Info bekamen, dass heute sämtliche Boote nicht fahren. 


Das kleine Duracell-Häschen hatte bis zur Ankunft in der Stadt schon zuviel Zeit im angeordneten Transport-Stillstand in der Trage verbracht und verlangte immer lautstärker nach Bewegung. 


Die ständige Lärmkulisse bis sie wieder rennbaren Boden unter den Füßen hatte, tat für uns alle ihr Übriges. 


Im Ausflugsziel Stadt dann Regen, Streit, Hunger, erschöpfte Kinder und so wanderte ich erstmal mit dem kleinen Mädchen um den Bauch und erheblichen Selbstvorwürfen, was ich mir denn bei diesem zusätzlichen Stress durch Ausflug gedacht habe, fünf Kilometer durch die Landgeschichte, damit sie zumindest beim Schunkeln durch Laufen ein bisschen Schlafen konnte, während der Mann und das große Mädchen versuchten Essen zu gehen. 


Auch die ständigen Be- und Verurteilungen von anderen Urlauber:innen uns Eltern und dem Verhalten der Kinder gegenüber, vor allem im Restaurant, machten etwas mit mir und meiner Stimmung, obwohl ich für solche Situationen eigentlich schon ein echt dickes Fell habe. 


Teil 6: die Rückreise & der Unfall 


Dann rückte der Rückflug näher. 

Dieser war spät am Abend, so dass wir noch einen guten halben Tag im Hotel hatten. 

Selbstverständlich entschloss sich mein Körper zum Start meiner Periode, so dass mir am Rückreisetag auch Zyklustag 2 mit all seinen körperlichen Symptomen bevor stand. 


Unser angefragter late Check out wurde abgelehnt, also mussten wir um 12 Uhr aus dem Zimmer sein und noch die Zeit zum Transfer irgendwie rumkriegen. 


Ich verzichtete an diesem Tag aufs Frühstück, stand wie immer früh auf und packte unseren Kram, während der Mann versuchte die Mädchen nacheinander im Restaurant zu befrühstücken und dann dem kleinen Energiebündel nochmal ordentlich Auslauf vor dem Flughafenprozedere zu verschaffen. 


Ich räumte Sachen in den Koffer rein und das jeweils anwesende Mädchen wieder raus, so dass alles dreimal länger als eh schon dauerte. 

Klar, dass unser Abreisetag auch der wärmste und strahlendste Tag seit Beginn unseres Urlaubs war und wir so bereits um acht Uhr morgens komplett durchgeschwitzt waren. 


Nach dem mittäglichen Check out schnallte der Mann das Kleinkind um und schunkelte es zum Schlafen wiedermal durch die Weltgeschichte, während ich mit immensem Handgepäck und dem großen Mädchen zum, zum Glück grade wenig besuchten Spielplatz aufbrach. 


Aber da es ja noch nicht beschissen genug und die Nerven nach 10 Tagen heftiger Achterbahnfahrt anscheinend ja noch nicht genug runter waren, dachte sich das Leben, nochmal einen drauf zu setzen. 


In den berühmten zwei Sekunden, in denen man nicht hinguckt, stürzte das große Mädchen von der Schaukel auf den Arm, schrie eine ganze Stunde lang panisch, war am ganzen Körper erstarrt, konnte sich weder beruhigen, noch bewegen, noch sprechen. 


Ich holte via Nachricht den Mann vom Mittagsschlaflauf zurück, scheuchte ihn und das schlafende kleine Mädchen zum Kühlpack und Arzt holen, während ich das vor Schmerzen schreiende Mädchen versuchte zu beruhigen. 


Der Hotel Arzt kam, guckte, drückte zweimal auf den Arm, meinte es sei nichts gebrochen und die Schmerzen seien aufgrund der „special condition“ meiner Tochter und zog wieder ab. 

Gleichzeitig begann es zu Gewittern und der mit Sonnensegeln überdachte Spielplatz füllte sich mit erbosten, da aus dem Wasser geschickten Kindern. 

Der steigende Trubel wiederum war natürlich das genau Schlimmste, was in diesem Zustand meinem großen Mädchen noch hätte passieren können. 


Ich musste mir also schnell ganz schön was einfallen lassen, um sie und die drei großen Handgepäckstücke zur ruhigeren Rezeption zu tragen. 

Zudem musste ich selbst ja alle 30 Minuten zum Tamponwechsel auf Toilette. 

Vielleicht lacht ihr oder empfindet das als zuviel Informationen, aber macht sowas Alltäglich und nicht-Aufschiebbares mal, mit einem verängstigen und schmerzerfüllten Kind, dass durchgehend eine 1:1 Betreuung braucht, aber nicht zur Toilette mitlaufen oder in dieser Situation alleine davor warten kann. 


Ich wusste genau, dass der Mann nicht helfen kann, denn der trägt ja das Kleinkind rum, denn wenn dieses nicht schläft, trägt das müde Gebrüll zur on-top Überreizung der Schwester (und uns allen) bei. 

Außerdem benötigt auch der kleine, sich immerzu rennend fortbewegende Körper wirklich diese Schlafpause. 


Als wir es endlich zur Rezeption geschafft haben, habe ich den Arm und sie dann notfallmäßig mit Salbenverband und Schmerzsaft versorgt, dann kam auch schon unser Transfer zum Flughafen. 

Was war ich froh, dass ich noch zuhause beim Planen auf einen privaten Transfer abseits des vollen Touribus bestanden hatte. 


Die Beschreibung des Flughafenprozederes und des Flugs an sich füllt eigene Bücher und würde hier sämtliche Rahmen sprengen. 

Es war chaotisch, nervenaufreibend und stressig. 


Immerhin hat man am Flughafen auf Ibiza das Wort DPNA Code schon mal gehört und konnte entsprechend einiges umsetzen; anders wie zB. in Basel. 


Unsere Ankunft in Deutschland ging dann nahtlos in einen Besuch der Notaufnahme über. 

Ich bin unglaublich beeindruckt vom großen Mädchen, die die Abläufe und das nächtliche Warten dort nach diesem Wahnsinnstag super gut durchgestanden hat. 

Und ein großes Lob steht auch den behandelnden Ärzten zu, die uns sehr gut betreut haben. 


Unser Urlaubsmitbringsel ist nun ein gipsgeschienter Arm und die sehr intensive Erkenntnis, dass Hotelferien definitiv nicht das Richtige für uns sind. 


Teil 7: gute Wünsche 


An alle, die noch in den Urlaub starten: ich wünsche euch viel Erfolg, alles Gute für euren Urlaub und dass ihr zwischen Gebrüll beim Eincremen und Abduschen eine tolle Zeit habt! Toitoitoi 🍀


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