Ausflüge


Ausflug. Mit beiden Kindern. Alleine.

Der Mann verbleibt zuhause, um den Garten frühlingstauglich zu machen und, damit er dabei nicht aus Versehen neugierige, kleine, dazwischenfummelnde Kinderfinger abschneidet, habe ich mir einfallen lassen, die Brut alleine auf Freiburgs Hausberg, dem Schauinsland, zu hüten. 

Frische Luft und so. Mal was erleben und nicht den halben Tag durch den Garten zu brüllen: „Lasst den Papa jetzt in Ruhe machen und spiel hier!“


Wir sind also am späten Nachmittag für Familien, aka 9 Uhr morgens mit sämtlichen Brezeln der hiesigen Bäckerei, auf dem Parkplatz der Talstation vom Seilbahngefährt angekommen und ich war dann, als ich alle Kinderbeine in Matschhosen und ja, der Schal muss sein, ja, meinetwegen um den Kopf, nicht auf den Parkplatz rennen, da fahren Autos, warte mal, wir müssen noch eine neue Windel machen, setz deine Käppi auf, wenn es zu hell ist, steig vom Fahrersitz runter, nicht da drücken, was ist? Ein Einhorn? Hab keins gesehen, ich kann jetzt nicht gucken, ich brauch die Feuchttücher, bitte jetzt nicht umdrehen, lass das liegen, das ist Müll, schon so dermaßen durchgeschwitzt, als hätte ich so ne Gondel persönlich den Berg schnurstracks nach oben getragen. 


Zu unserem Glück hatten wir hochzus eine Gondel für uns, was vor allem dem großen Kind ein entspanntes Hochfahren ohne stressige Sozialkontakte ermöglichte und auch mir, denn so konnte ich mich darauf konzentrieren, den Mädchen bei all ihren entdeckten Sachen zu zugucken und mich von der kribbeligen Aufregung über die Seilbahnfahrt mitbegeistern lassen. Achso. 

Und die zugige Tür vor den handwerklichen Fummelfähigkeiten der Zweijährigen zu verbarrikadieren. 


Oben auf dem Berg gabs dann einmal obligatorischen Aussichtsblick auf Freiburg: „oh wie schön, Kinder, jetzt guckt dochmal!“, dann wurde es dem kleinen Mädchen zu blöd und sie wollte lieber die 8485 Stufen auf dem Hügel hinter uns erklimmen, nur um sie dann gleich wieder runterzurennen. 

Das große Kind argwöhnte mit dem sportlichen Vorhaben ihrer Schwester und sammelte unterdessen akribisch jeden einzelnen Tannenzapfen in der näheren Umgebung auf. 

Ratet, wieviele wir davon mit nach Hause nehmen mussten? 

Ja, danke, richtig: natürlich ALLE!


Ich hatte immer noch keinen so richtigen Plan, wohin ich mit den Damen des Hauses nun hin sollte, aber ich wusste, es braucht einen Standortwechsel, denn nochmal das Treppenrennen schaff ich mental einfach nicht und noch mehr Tannenzapfen passen auch später weder in Kinderhände, noch ins Auto. 


Meine gedankliche Rettung in Form einer zündenden Idee war dann das „Bergwerk 800 Meter links“-Schild, mit dem kleinen und für uns feinen Zusatz „bis Ostern geschlossen“. 

Insofern für uns super, weil „geschlossen“ auch bedeutet, dass wir dort wahrscheinlich auf eher wenig andere Menschen treffen werden. 


Ich motivierte die Kinder also in bester Sportlehrerinnmanier die 250 Meter bergauf hoch, bis das kleine Kind ächzend in den Buggy krabbelte und ich dem großen Kind den nahenden Abstieg hinter dem nächsten Wegweiser schmackhaft machte und ihr ungefähr 16 der 312 Tannenzapfen abnahm, sowie ihre Hände vom Harz befreite. 

Diesem umplanmäßigen Halt widersprach die sehr laute Stimme, die aus dem Buggy tönte und die ich verhältnismäßig unpädagogisch mit einem Schokobon besänftigte, um wiederum das andere Kind nicht in die entgegengesetzte Richtung zu verlieren, die bei Gebrüll der Schwester gerne mal unvermeidbar die Flucht ergreift. 


Auf unserem weiteren Weg lehrte ich den Nachwuchs mein gesamtes Wissen über Baumpilze und Moosbewuchs an Baumrichtungen und so verbrachten wir einen Großteil des Abstiegs also schweigend. 


Nach der letzten Kurve der letzten 200meter erblickte mein mütterliches Auge dann etwas äußerst Erfreuliches. 

Vor dem Bergwerk gab es ausrangierte Fahrzeuge, die weiß Gott was für Krempel früher aus den Stollen geschafft haben. 

Abenteuerspielplatz Vibes incoming- das hatten nun auch die Mädchen gespürt und so beschränkte sich meine weitere Rolle darauf, drauf zu achten, dass niemand irgendwo rein, runter oder auf etwas Hartes drauf fiel. 


Kurze Panik gab es beim Anblick einer sich nähernden Wandergruppe, aber als die sich als englischsprachige Erwachsene herausstellten, die drei Wörter zum Stollen verloren und danach brav ihres Weges weiterzottelten, erschloss sich uns die Ruhe in einem alten, gelben Wagon zu picknicken. 

Loren-Picknick Highlight abgespeichert. 


Das ging ungefähr eine ganze Selfielänge gut, dann schoss das kleine Energiebündel wieder los, um sich irgendwo die Hände schmutzig zu machen, während ihre Schwester nun mit Bauchweh anfing. 


Happy me hatte indessen kurz vergessen, wo ich den Buggy geparkt hatte, weswegen wir drei nun wie drei kopflose Hühner in unterschiedlichen Richtungen über das Gelände vor dem Bergwerk tigerten und jede etwas anderes durch die Gegend rief. 


Einen eingequetschten Finger (kleines Kind), den gefundenen Buggy (Mutter) und dreißig „Mama, schau mal!“ später, spürte ich einen Riss in der Stimmung und bevor der uns nun das so unerwartet schöne Abenteuer pikant verderben konnte, bugsierte ich die Früchte meiner Lenden schnaubend den Berg rauf Richtung Bergstation zurück, während ich währenddessen über die Bauweise von Mauselöchern mit dem großen Kind philosophierte.


Nach dem Erwerb zweier Seilbahnpixiebücher zum literarischen Abrunden des Ausflugs später und der, während der Wartezeit auf die nächste freie Gondel, zustimmenden Absprache, mit der 4 köpfigen Familie hinter uns, dass wir gerne alle familienintern die Runterfahrt antreten möchten, randalierte sich das kleine Mädchen zeitgleich mit dem Schließen der Seilbahntüren aus ihren Buggygurten und wir schwebten in juchzender Dreifaltigkeit dem versprochenen Spielplatz an der Talstation entgegen. 


Dort verfiel ich kurz in schweißtreibende Hektik und dem Wunsch doch bitte die gleiche Armanzahl wie ein Oktopus (und bitte auch mit dengleichen Saugnäpfen!) zu haben, da jedes meiner Kinder in verschiedene Richtungen davon galoppierte und ich meine elterliche Aufsichtspflicht mal wieder nach Risikoeinschätzungen priorisieren musste. 


Da das kleine Kind, müde und rüpellaunig wie ein vorzeigbar unternehmungslustiges, junges Wildschwein versuchte, bäuchlings und mit den Füßen zuerst den steilen Hügel zur Röhrenrutsche hochzukommen und das Große schimpfend am Sitz der Spielzeugseilbahn rüttelte, dort aber nicht in akuter Zusammenbruchsgefahr schien, stiefelte ich gut zuredend meinem nun recht schmutzigen jüngsten Schützling hinterher. 


20x Rutschen vs Hügel hoch und dem missglücktem Versuch im Sandkasten ein Sand-Spiegelei mit einer dort ansässigen Pfanne (?!) nach genauen inneren Vorstellungen zu braten, entschloss ich mich dazu, die nun ins Erschöpftsein eskalierende Brut endgültig ins Auto auf den Heimweg zu verfrachten. 


Nach dem obligatorischen aus allen Matschsachen rausschälendem Intermezzo rund ums Auto rum, dem Kampf der Anschnallgurte und der Versorgung mit Brezeln aus dem erweiterten Bäckertütenfundus der Rückbank plus dem Abbauen, Zusammenklappen, Einladen unseres Hausstandes, schmiegte ich meinen Hintern nun in die wohlige Wärme der Sitzheizung und atmete vielleicht zum ersten Mal an diesem Tag. 


Ich hab die Bande echt lieb. 

Aber hey, was habe ich heute Nerven verbrannt 🙌🏼 




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