Belohnungsatemzüge&Pocremes - Highlights aus dem Geburtsvorbereitungskurs

Ihr Lieben,

da bin ich wieder 😊 
Mit Laptop auf der Kugel, Kiste auf dem Sofa, neben mir eine der Felldamen, die mich andächtig vollfurzt und auf mein, in der Schwangerschaft verbotenes, Salamibrot schielt, das kleine Fräuleinchen in meinem Bauch tritt auch eifrig gegen das doofe Schreibmedium, das da auf ihrem derzeitigen Zuhause steht- Back as usual also!

Letzte Woche war meine persönliche "Ich schlafe einfach fröhlich dem Ende entgegen"- Woche, in der ich weder Energie noch Motivation hatte, etwas anderes als das Netflix Passwort in die Tasten zu hauen. 
Man möge es mir bitte nachsehen 🙈

Aber zu den wichtigeren Themen: Die dem Hause Gigantica angehörigen Zentralmitglieder belegten ja vor nicht allzu langer Zeit einen zwei Tage dauernden Geburtsvorbereitungskurs, von dem ich Euch eigentlich gerne ausführlich und zeitnah berichten wollte. 

Ich muss ja gestehen, dass ich dieses Ereignis nicht ganz vorurteilsfrei in Angriff genommen habe. 
Angefangen von der Vorstellung einer, uns mit Biostoffwindeln vom Merinolangwollschaf bewerfenden, tief ein- und aus schnaufenden, in Desigual Kleidung gehüllte, "bitte gebären Sie mit einem breiten Lächeln"- Hebamme mit dem bezaubernden Charme eines schief sitzenden Toupets auf dem Kopf eines CDU Politikers über die absurdesten Ausmalungen von den dort anzutreffenden, mithechelnden Kugelfrauen, sollte dieser Kurs doch einen eher positiven, als unnötigen Eindruck bei mir und dem Kerl hinterlassen. 

Zunächst aber zu den Rahmenbedingungen. Der Kompaktkurs dauerte zwei Tage. Samstag, nur für die, die den Job des Rauspressens übernehmen müssen, 09:30 bis 18 Uhr und Sonntag für "mit Kerl" von 09:00 bis 18 Uhr. 
Viel Zeit, um zu atmen. 
Aber immer noch besser, als zB achtmal zu so einem Termin rennen und den Petziball malträtieren zu müssen.

Mein erster Eindruck eines eher alternativ angehauchten Ansatz so eines Kurses wurde von der davor getätigten E-Mail Konversation zwischen mir und der Kursleiterin unterstützt. 
Erster Tipp vorneweg: Jeder, der so einen Kurs machen möchte, sollte sich zeitnah darum kümmern, da diese Kurse zwar regelmäßig angeboten, aber auch schnell ausgebucht werden.
Termine sind google- und über Mail buchbar. 


Ich hatte mich schon vor Monaten für einen eigentlich erst im Oktober stattfindenden Kurs angemeldet, hörte dann erstmal wochenlang nichts und dann kam die mystische Bestätigung, dass die Anmeldung geklappt hat. Formuliert wie ein Mitteilungsschreiben der Oscars an Leonardo DiCaprio, dass er jetzt doch endlich einen der goldenen Buben gewonnen hat und schon mal eine aussagekräftige Dankesrede und schnieken Anzug vorbereiten solle. 
Und in Comic Sans MS. 
Mit unregelmäßigem Zeilenabstand und abwechselnden Fett- und Kursivschriftelementen.
Erster Eindruck passé. 
Ich war ja fast schon wieder dabei, darauf zu plädieren, dass ich auch zuhause atmen kann und das auch noch zu einem wesentlich günstigeren Tarif.
Aber nun gut. 
Nach der Überweisung des Kurstarifs, hoffte ich also auf ein paar erste Infos zu Lokalität und groben Ablauf. Aber es kam nichts. Monatelang nichts.
Und dann aus dem Nichts eine E-Mail, im akuten Alarmcharakter, so dass ich beim Lesen schon spontan in rhythmische Übungswehen verfiel. 
Um das ganze Theater kurz zu halten: 8 Mails später wurden wir in einen früher stattfindenden Kurs umorganisiert, darauf hingewiesen, dass es Hausaufgaben geben würde, auf Kleidungsvorschriften aufmerksam gemacht und es wurde auch endlich die Raumfrage geklärt. Abgerundet wurde die E-Mailbombe durch den erweiterten, neudeutschen Wortschatz der Leiterin und der Anweisung, das Ganze als "Qualitytime for two" wahrzunehmen.
Der Kerl rotierte, ich fing an, uns wegen der Idee Baby für völlig bekloppt zu halten. Zumindest was die Interaktion in solchen Punkten mit sich solch ausdrückenden Leuten betrifft.
Aber okay, tief ein und ausatmen, die Leggings und die Sodbrenntabletten eingepackt und ab zum ersten Kurstag.


So furchtbar wie in meinen zuvor ausgemalten Alpträumen sah es am Samstagmorgen bei meinem Eintreffen in den Kursräumen dann gar nicht aus. 
Großer Raum, in der Mitte ein bisschen Tüneff, wie Blumen, Karteikarten und Stifte, diverses, bildlich ansprechendes Infomaterial zu Pocremes, Dammmassageanleitungen, Hämmorrhoiden und ganz wichtig schien die, in ihrer Halterung therapeutisch schief hängende Kerze zu sein, die leidenschaftlich mit Langstreichhölzern aus nachhaltig korrekt angebauten Holz angezündet wurde.

Wir waren insgesamt acht Frauen, in ungefähr gleichen Alter, und für jede von uns gab es einen Stuhl, Gymnastikball, Matte und Stillkissen.
Schuhe und ganz wichtig: die bösen Handys wurden nach nebenan in die Umkleide, oder in unserem Fall auch Bowlingbahn (es ist schon echt witzig, wenn acht hochschwangere Frauen paralell versuchen, sich Hosen und alles, was sonst noch jenseits der Bäuche liegt aus- bzw anzuziehen) verbannt und dann gab es Gelegenheit sich ausgiebig zu betrachten.

Und da waren sie. Die Muttis in Spe, vom Typ Frau, die eher einen Thermomix als eine Vagina zwischen den Beinen haben, die junge, ambitionierte Pädagogin mit strengem Blick, die "mein Heilpraktiker hat gesagt" Version einer Steuerfachangestellten, die es einmal im Jahr an Fastnacht so "richtig knallen" lässt (was ja in diesem Jahr ziemlich einwandfrei funktioniert hat), die alternativ angehauchte Studentin Mitte dreißig, die es jetzt neben Philosophiestudium mit einem nach Shakespears Meisterstück benannten Sprößling versuchen will, die etwas einfach wirkende Anfang Zwanzigjährige, von der man meistens den Eindruck hatte, dass sich in ihren Augen die Rückwand des Hinterkopfes spiegelte und von der sich ein monoton piepsendes Fragezeichen ausbreitete und dann noch das Pärchen, dass sich schon ewig mit dem Kinderwunsch plagt und nun in vollendetem Stolze diese super witzigen "Bald Mami" T-Shirts mit einem gar ach so niedlichen Comicbaby, dass in Kugelhöhe als kecker Ausbrecher dargestellt wird, trägt. 
Und ich. 

Da saßen wir also, in unseren H&M Mamaleggins und mit den Flossen auf den dicken Kugeln, erwartungsvoll. 
Unsere Kursleiterin enttäuschte weder auf fachlicher, noch auf freiburgtypischer Ökoebene. 
Im Detail erspare ich Euch die einzelnen Themen, aber falls jemand Interesse an einer ausführlichen Beschreibung zur Dammmassage hat, stehe ich ab sofort liebend gerne mit Rat und Tat zur Seite. 

Und dann ging es auch schon los mit dem Geatme. Dafür war ich ja schließlich auch hier. 
Leitsatz der kommenden zwei Tage sollte der brutal motivierende Satz "Jede Wehe bringt mich näher an mein Baby, jede Wehe kommt nur einmal" werden und der darauf folgende "Belohnungsatemzug". Hallelujah. Belohnungsatemzug. 
Ich weiß ja nicht, aber ein Belohnungsschnitzel mit Pommes Rot-weiß wäre mir persönlich lieber gewesen. Oder ein Fass Wein oder so. 
Aber gut, ich bekam nur den Belohnungsatemzug. Man nimmt ja, was man kriegen kann. 
Der Belohnungsatemzug geht übrigens mit einem sirrenden, klingenden Ton einher, der den sich unter mir befindenden Gymnastikball in Schwingungen versetzen sollte, wäre der nicht durch die üppige Kiste eingequetscht gewesen. Apropo: 
Ich war natürlich die Einzige im Kurs, die es doch tatsächlich schaffte, mit der Zauberkiste den armen Hibbelball zu einem, nach Hilfe schreienden Ei zu verformen, das nach Entlastung kümmerlich langsam wieder versuchte in seine Ausgangsform zurück zu surren. 

Das Highlight war definitiv das Mittagessen, praktisch zur Uninähe auch im The Holy Taco Shack, dass praktischerweise auch das Lieblingsrestaurant von Familie Gigantica ist. Heimvorteil also und für jeden Fan von gutem, mexikanischen Essen wärmstens zu empfehlen.
Hierbei war die Atmosphäre doch auch dezent entspannter, als beim gemeinsamen Studieren von geburtstrainierender Maßnahmen, wie einem, wie aus einem düsteren Fetischvideo stammenden, zum Einführen und auf Kindskopfgröße Aufzupumpenden, fröhlich pinken Vaginalplug, den man so zwei bis viermal die Woche zu Übungszwecken benutzen könne, um sich schon mal ein bisschen auf den richtigen Kindskopf, der einem zeitnah da unten ja alles zerlegen wird, vorzubereiten oder der zeichnerisch detailreicher Darstellung der Drehung des Kindes im Geburtskanal. 

Der Tag verlief also mit den doch sehr anschaulichen Abbildungen der einzelnen Geburtsphasen (eine davon heißt tatsächlich "Austreibungsphase"- wer auch immer sich das überlegt hat, kann entweder nur ein sadistischer Kirchgänger mit Interessensgebiet "Exorzismus heute" gewesen sein oder ein unsensibles Bürokratiegenie, das wahrscheinlich auch mit Stoppuhr neben dem geöffneten Muttermund steht und mit Stirnlampe und Beamtenblock unter passiv-aggressiven "HmHm" Lauten versucht, die Gebärmutter zu optimaler Kontraktion anzutreiben) und Belohnungsatemzügen und uns Bald-Werfenden, denen am Ende des Tages dem Projekt Kind der schwindelerregende Riesenberg einer nun ausführlich besprochenen Geburt gegenüber stand. 

Ich kann sicher nicht für meine Mitteilnehmerinnen sprechen, aber mir zumindest hat dieser erste Kurstag, trotz Brennesseltee, Puppenbabys und Austesten diversen Brustpumpen, nicht, wie versprochen, die Angst vor dem Geburtsvorgang genommen und mich auch nicht in meinem Wunderwerk-Körper als Überfrau bestärkt (darauf einen Belohnungsatemzug), sondern eher dazu gebracht, umgehend einen 5 Jahresvorrat an Kondomen bestellen zu wollen. 

Natürlich hat man Angst vor dem Unbekannten. Es ist auch trotz, dass man dieses kleine Wesen schon so lange in sich herumträgt und jetzt schon unglaublich lieb hat, einfach noch unvorstellbar, es auf dem ein oder anderen Weg aus sich heraus zu kriegen. 

Nach einer Heimfahrt in die Vorstadt, die aus einer, den Bus ersetzenden Sammeltaxifahrt mit, nach Pest riechender E-Zigarette rauchendem Taxifahrer, der AC/DCs Hells Bells laut aufdrehte, um die nervig fragenden "wir haben noch nie ein solches Gefährt gesehen, wohin bringt uns diese Zauberkutsche" Rentner abzustellen, frei nach dem Motto "Wer bremst verliert"/"Rot war eh noch nie meine Farbe" und "wer wo aussteigen mag, soll laut rufen" bestand, konnte ich nun die Kiste auf das unverformbare Sodbrennsofa platzieren und den ersten Tag abhaken.

Das Interessanteste am zweiten Tag waren definitiv die dazugehörigen Partner meiner mitatmenden Petziballplattsitzenden. 
Da gab es den übermotiviertem Pharmaziestudenten, der seine frisch Angetraute permanent an allen möglichen und unmöglichen Stellen streichelte und ihr fortwährend, in feinster unter dem Pantoffel stehender Manier, raulippige Küsse aufdrückte, den energiegeladenen Jungpapa der das Reden für sich und Fräulein Gehirnrückwand übernahm und der Hebamme quasi wörtlich aus der Hand fraß, der Unscheinbare, aber zum Interesse zeigen verdonnerten Ehemann der Thermomixvaginafrau und auch das Modell Totalverweigerer, der zwar physisch anwesend hinter seiner Karnevalsmarie stand, aber durch gar garstig, männlich verschränkte Arme deutlich machte, dass er über diesem Kurs und seinem Sinn stand, war vertreten.

Dazwischen mein zwei Meter Kerl, der es sich auch nicht nehmen ließ, Jeans gegen Jogginghose zu tauschen und der aus Kraftgründen der Hebammen erste Wahl beim Vorführen sämtlichen Partnerübungen für den Kreißsaal war. 
Vor allem die Position "Motorrad" schien es ihr angetan zu haben und bald darauf fand sich der tapfere Kerl, eingekeilt zwischen Stillkissen auf der Vorführmatte wieder, während er die weißhaarige, Wehen mimende Hebamme zwischen seinen Beinen wiegte, um so die Kurvenlage des namengebenden Gefährtes zu imitieren, die wohl einen gar wohligen Effekt auf die Verbundenheit von Mann und Frau im Kreißsaal haben sollte. 
Ach, es war herrlich mit anzuschauen!

Die Sternstunde des gemeinsamen Spektakels sollte aber ein Rollenspiel werden, bei dem wir klassisch in eine Männlein und Weiblein Gruppierung aufgeteilt wurden und einer von uns die dramatische Rolle einer Wehe und der jeweils andere die der Gebärenden übernehmen sollten. 
Die "Wehe" sollte nun der "Gebärenden" mit voller Wucht und auf Zuruf unserer Leiterin ca eine Minute (typische Wehendauer ab eines gewissen Fortschritts der Geburt) den Arm quetschen und uns so, mit den würdevollen Worten "Ich bin deine Wehe, ich bringe dich näher an dein Baby" eine eindrückliche Visualisierung des Ausmaßes der Wehentätigkeit zu bescheren. 
Ich erwischte bei diesem Partnerspiel, das jeden LARP Anhänger neidisch gemacht hätte, Fräulein Pech beim Denken, die bei der Darstellung der Wehe die Energie einer 2004 verstorbenen Sardine aufbrachte und so textunsicher war, dass die Hebamme souflieren musste; der Kerl bekam den Ehemann der "meine Dinkelpfannekuchen sind der Hit auf jeder Party" Frau ab und ich hoffte inständig, dass er diesem nicht den Arm brach.
Ich versichere Euch, wäre ich nicht inbrünstig darauf konzentriert gewesen, meiner Dramaturgiepartnerin bei ihrem Text zu assistieren, ich, und bestimmt auch das immer noch unter mir ächzende Gymnastikball-Ei, wären geplatzt beim Anblick meines Wehendarstellenden Kerls 🙈

An dieser Stelle nochmal ein dickes Kompliment an das, wesentlich vorurteilsfreiere, als ich es je gekonnt hätte, Herangehen dieses Kurstages, mein lieber Kerle!

Zusammengefasst kann ich allen Walfrauen folgendes raten:
Es schadet Euch nicht, solch einen Kurs zu besuchen. 
Natürlich ist je nach Kursleiterin so eine Schulung mehr oder weniger esoterisch angehaucht, aber es bleibt, grade für Erstlingseltern eine gute Institution, um sich zu informieren und in etwa abschätzen zu können, was da auf sie zukommen könnte. 
Meine Beschreibung der erlebten Ereignisse ist aufgrund der schriftstellerischen Freiheit und meiner natürlichen Abneigung gegen den Freiburger Öko-, Feministinnen-müssen-lange-Schamhaare-haben Schmu natürlich etwas ausgeschmückter und von einigen kleinen, vielleicht auch so in Erfüllung gegangenen Vorstellungen geprägt. 

Generell muss aber gesagt werden, dass es ein ziemliches Privileg ist, so ein Angebot nutzen zu können, denn es ist nicht selbstverständlich, dass überhaupt noch Hebammen bei ihrer knappen Zeit solche Kurse anbieten (können).

Es ist schlicht und ergreifend eine Frechheit, wie von staatlicher Seite mit einem so wichtigen Berufsbild umgesprungen wird. 

Jede Schwangere, die schon mal versucht hat, eine Hebamme mit freien Kontingenten zu finden, kann mir da Recht geben. Bei mir waren es über zwanzig Versuche, bis ich eine Nachsorgehebamme gefunden habe, die mich während der ersten Zeit zuhause betreuen kann. 
Und da die meisten Fragen ja bekanntlich mit Erscheinen des Kindes kommen, geht einem das Fidle ganz schön auf Grundeis, bei dem Gedanken sich völlig alleine im Wochenbett wieder zu finden. 
Gilt im Übrigen auch für die frischen Papas, bei denen ganz bestimmt auch noch die ein oder andere Frage auftaucht...

Um die Moral- und Wutkeule wieder einzupacken und Euch abschließend einen kurzen Umriss davon zu vermitteln, wie es mir nebst Geburtsvorbereitungskurs, Schlafrekorden und kleineren Unternehmungen in den letzten Wochen ergangen ist: 
Mittlerweile stehe ich ca zwei Wochen vor Wurftag und bin auf ernsthaft gigantische Größe angeschwollen. 
Ich musste leider auch feststellen, dass Sterne auf dem neu erworbenen Stillnachthemd mit meinem Ausmaß nicht, wie gehofft, süß aussehen, sondern mich wirken lassen, wie das gesamte Universum. 
Jetzt bitte noch frühzeitiger Milcheinschuss dazu und ich mime die komplette Milchstraße.

Immerhin, ein 1a Halloween Kostüm.


Auf dass ich nicht mehr in Schreibefaulheit versinke,
bis ganz bald
Tata
Eure Gigantica 💕
















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