Mama-Freunde, Krabbelgruppe, Busenwunder

Liebe Leser,

lange, lange, schrecklich lange ruhte dieser in Worte gefasste Einblick in unser kleines Familienleben. 
Es ist Samstag und die drei Giganticazugehörigen kommen grade von einem langen Spaziergang durch die hiesige Berg- und Tallandschaft. 
Papa und Kind sind zu einem wohlverdienten Mittagsnickerl im Bett verschwunden und ich habe nun in Ruhe Zeit für ein paar neue Zeilen.

Viel ist passiert! 
Von ersten Familienfesten mit Kind, über das erste Mal krank mit Kind (was ziemlich semi-geil ist) bis hin zu ersten, zaghaften Mamafreundschaften und einer ziemlich spontan zusammengefundenen Krabbelgruppe.

Man will es nicht glauben, aber ich habe endlich mal andere Mütter kennengelernt, bei denen ich nicht sofort wieder davonlaufen möchte oder bei denen man Angst haben muss, unmittelbar mit glutenfreien Dinkelkeksen von des nachts, bei zunehmenden Mond, geernteten Korns beworfen oder direkt in den Alnatura geschleift zu werden und das ja so einfältig unwissende Mutterhaupt in die Bioauslage gedrückt zu bekommen, mit den Worten:“Siehe her, Schändliche, das, und nur das, darf der dir entsprungene Spross zu sich nehmen!“ während dir die andere mit Quinoa-Sandelholz-Kokosnuss-Plazenta-Öl die Brüste für einen besseren Milchfluss einreibt. 

Nein, das alles verkörpern meine zwei neuen Mamabekanntschaften nicht. Auch nicht das gegenteilige Extrem der hippen Hashtag Instagram-Mam, die ihr Kind passend zum „Latte Macchiato“ Wandtattoo in der Küche anzieht und von der Eltern.de Seite geklaute, tiefsinnig-philosophische Sprüche über das Mutterdasein dazu schreibt. 

Die Beiden habe ich in meinem Rückbildungskurs kennengelernt, das heißt, sie haben mich von Anfang an in Zuständen gesehen, in denen mich sonst nur recht wenige Menschen zu Gesicht bekommen: verzottelt, schwitzend, fluchend wie ein Kutscher im Regen und mit der Junorin an der Brust, die sich ganz ladylike durch 10x Turnen gefurzt hat. Gut. Der erste Teil könnte auch nach einer ganz normalen Partynacht der Fall sein, allerdings hatte ich da seltener ein Baby am Busen und nun schwitzte ich freiwillig, um den in Mitleidenschaft gezogenen Beckenboden wieder in Form zu bringen.
Beide sind auch zum ersten Mal Mama geworden und beide haben richtig coole Babys. 
Also solche, bei denen man nicht heucheln muss, wie süß und so weiter sie seien, es sind einfach entspannte, wirklich goldige Kinder mit coolen Mamas.

Aufgrund der gemeinsamen Schwitzerfahrung unter unserer Kursleiterin, die ein bißchen an eine yogaliebende Frau Mahlzahn aus Jim Knopf und die wilde 13 auf LSD erinnerte, zusammengepfercht in einer kleinen Turnhalle, die öfter Mal nach Iltis roch und unseren abwechselnd ungnädig schreienden oder wild nach Aufmerksamkeit buhlenden Kindern, haben wir nun also nach Beendigung Kontakt gehalten und siehe da, ratzfatz haben das Kind und ich nun eine eigene, kleine Krabbelgruppe. 

Ein Erlebnis von einem dieser Treffen möchte ich euch nun nicht vorenthalten. 

Da ja schließlich jetzt Frühling ist und warm und Sonne und so, beschlossen wir Mamas uns eines Tages im Stadtgarten zu treffen. Voll motiviert und ganz in meiner neu angedachten Rolle als Outdoormum aufgehend, legte ich mir eine riesige Picknickdecke zu, die selbstverständlich wärmeisolierend/wasserfest/glutenfrei ist, belud den Wickelrucksack mit einer LKW Ladung Mama/Kind „könnte ich ja brauchen“ Sachen, schnappte das nun mittlerweile fünf Monate alte Mäusekind und promenierte mit schwer bepacktem Kinderwagen voller Vorfreude Richtung öffentliches Nahverkehrsmittelgefährt, das mich doch hoffentlich bald an mein erhofftes Ausflugsziel befördern sollte.

Es ist bemerkenswert, dass ja immer bei einem eigentlich schönem Vorhaben, von A bis Z erstmal alles schief läuft. Nach der üblichen Stunttrainingsfahrt mit dem selbsterklärten Jason Statham Double im Körper eines untersetzten, doppelkinnbestückten Busfahrers, ende fünfzig mit Perlenauflage auf dem ergonomisch korrektem, von der Busfahrtgesellschaftsbehörde vorgegebenen, Steuersitz, der, während er mit ungefähr 120km/h um die örtliche Dorfkurve heizte, "Aber Ticket lösen, gell?!" in meine Richtung plärrte, inklusive alleinigem Rausgehieve des Kinderwagens über die Marianengrabengroße Lücke zwischen Bustür und Straßenbahnsteig, kam auch schon Beförderungsmittel 2, die Bahn, natürlich ein altes Modell mit nur einem ebenerdigen Abteil, in dem sich selbstverständlich schon ALLE Kinderwägen der Stadt, plus der Rentnerverein "Gehhilfe" mit zweihundert in sich verkeilten Rollatoren befanden. 
Nach einer Bahnfahrt, mit grummeligen Kleinkindern, die mit ihren Händchen in den Junorinnenwagen grapschten, dazugehörigen Müttern, die laut in ihre Handys quäkten, sowie sich gegenseitig bekeifende Rollatordamen, war die Zündschnur zu meinem Nervenende um zwei Kilometer verkürzt und ich sah aus, als wäre ich von Mitta Vauban bis Bertholdsbrunnen um acht Jahre gealtert.

Als ich endlich im Stadtgarten ankam, erblickte ich den vollen Umfang, auf was ich mich da eingelassen hatte. Mütter. Überall nur Mütter. Quäkende Kinder, Kinderwagen, Picknickdecken und Mütter, die mit Spuckitüchern oder Keksdosen hantierten. Oh Gott!
Und ich gehörte auf einmal so rein vom Äußerlichen dazu. 
Mit meiner schwer bepackten Nachwuchskutsche stellte ich sogar ein paar von denen noch in den Schatten. Oh. Mein. Gott!

Nachdem ich diese Erkenntnis erst einmal mit Entsetzen und einer leise mit mir selbst abmachenden Vereinbarung des Meidens von sämtlichen Gesprächen über Reiswaffeln und Thermomixe, verarbeiten musste, blickte ich mich suchend nach meinen hoffentlich ähnlich denkenden Mitstreiterinnen um. 
Ich fand sie auf zwei Liegestühlen in der Nähe des kleinen Cafés sitzend, die Kinder auf dem Arm, entspannte Gesichter und Kaffee auf einem Tablett. 
Mir war wohl der "Omg-Stadtgartenmütter Schreck" dermaßen ins Gesicht geschrieben, dass eine der beiden gleich meinte: "Keine Sorge, WIR sind alle nicht solche Mütter"
Von dem Satz an, hatte ich sie ins Herz geschlossen. Obwohl wir, mit Verlaub, natürlich genau SOLCHE Mütter waren!

Wir breiteten also ein bisschen von allem entfernt unsere Picknickdecken aus (natürlich hatte jede eine dabei und mit meinem Modell konnte ich beherzt ungefähr zweidrittel des Stadtgartens abdecken) und sobald ich meine Tochter in freudiger Erwartung da draufgepackt hatte, ging das große Geschrei los und hielt so ungefähr die nächsten drei Stunden unseres Treffens an. 
Ich habe alles versucht! Busen raus, guten Tag Schulausflug, richtig, das ist eine Brustwarze, Baby dran, ab, dran, ab, Busen rein, ab in den Wagen, rumlaufen, Busen wieder raus, Baby dran, endlich trinkt sie (!) und dann endlich auch ein erschöpftes in den Wagen sinken und schlafen. Das ganze natürlich unter der strengen Beobachtung der Ökokeks Mütterfraktion, die sich zu acht mit einem Fort Knox aus von guatemalischen Fairtrade Bauern handgeklöppelten Decken und glänzenden, auf den Stil der sechziger Jahre, getrimmten Kinderwägen unweit unserer etwas improvisierten Dreiergruppe niedergelassen hatten. 
Einige von ihnen waren mit ihren Blicken so perfekt urteilend, als sie selbst den wahrscheinlich schon dreijährigen Malte-Zeus an den langgelutschten Busen anlegten, dass sie eigentlich tosenden Applaus mitten ins Gesicht verdient hätten.
Zum Glück nahmen "meine" Mamas den ganzen Zinober mit der gestressten Junorin gelassen hin und wir konnten uns, zumindest während der Ruhephase der Dame, richtig gut unterhalten. 
Ich bin sehr froh, die beiden kennengelernt zu haben, einen Austausch auf Augenhöhe zum Thema Kinderalltag und vor allem auch mal nicht zum Thema Kind, habe ich echt gebraucht! 

Da aber mein Nervenkostüm doch minimal strapaziert war und auch das Mausemädchen nach enthusiastischem Rausspucken des Schnullers, was das Ende des Schläfchens ankündigte, prompt mit ihrem unzufriedenen Geschrei fortfuhr, hatte ich nur noch einen Gedanken: Flucht!

Weg von den schadenfrohen Blicken der "ich-backe-für Fridolin-Alois-im-Thermomix-ein-kleines-Kichererbsen-Tofubrot" Mütter und auch meinen neuen Bekannten wollte ich nun eine Pause auf die Aussicht auf meine ständig hervorgeholten Brüste, oder wahlweise das BDS (Bauarbeiterdekolletesyndrom) meiner beharrlich rutschenden Jeans gönnen, also plante ich den Abflug. 

Schon mal versucht, mit Kind, einer Wagenladung Zubehör (die zuhause in Ruhe eingeräumt auch noch hervorragend in den Rucksack gepasst hat...) und einer 2x2 Meter großen Decke schnell aufzubrechen? 
Auch hier ein Dank an die beiden anderen Mamas, die mir mit dem Einpacken des Sammelsuriums geholfen haben, sodass ich nun endlich mit Stressflecken im Gesicht und mit, und das war natürlich das Einzige, was ich in meiner gigantischen Verplantheit vergessen hatte einzupacken, frei im Wind wogendem Busen den Weg Richtung Folterheimfahrt antreten konnte. Hallo Brüste, dies ist Freiburg! 

Hach, was ist das schön eine sozial aktive Outdoor Mum zu sein 😆









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