Urlaub im Kopf

Es ist nachts, Viertel vor drei. 

Wir sind vor drei Stunden ins Wohnzimmer aufs Sofa gezogen, da deine Schwester wach geworden ist und nun mit dem Papa im großen Bett weiterschläft. 

Ich sitze auf dem Sofa neben dir. Am Fernseher, am Telefon und am Router blinken irgendwelche Lichter. Ich blinzele sie müde an. Du bist satt, hast dich grade 30 Minuten mit Milch volllaufen lassen und schläfst in deinem Nestchen. 

Oder eben auch nicht. 

Ich tippe das hier umständlich mit der linken Hand, weil meine rechte Hand rhythmisch zum Wellengeräusch deines Nachtlichtes deinen kleinen, weichen Kopf streichelt, in der Hoffnung, dir so Nähe und ein Gefühl der Geborgenheit zu geben.

Du lässt im Sekundentakt dein typisches „morsche Tür im nächtlichen Luftzug eines französischen Landhauses“ - Knurren ab. 

Hach. Babygeräusche. 

Man vergisst sie so schnell. 

Ab und zu jammerst du auf, wie eine siebzigjährige Frau mit Knieschmerzen beim Hinsetzen im Bus. Und ich sitze müde, mit zerzausten Dutt auf dem Kopf neben dir, unsicher, ob ich es wagen kann, mich neben dich zu legen, oder ob du nicht doch in den nächsten Minuten wach wirst, Milchnachschub oder einfach Entertainment verlangst. 

Die Wellensimulation deines Nachtlichtes ist gleichmäßig und beruhigend. Ab und zu krächzt dazu heiser eine Möwe. 

Kurz schweifen meine Gedanken ab. 

Urlaub am Meer. 

Irgendwo in Italien vielleicht. 

In einem kleinen Dorf am Strand, dessen einziger Supermarkt noch Nivea Sonnencreme mit einem Logo aus den frühen 00Jahren verkauft. Und sonnenverblichene Handtücher und Luftmatratzen in Krokodilform vor dem Laden zum Kauf auf klapprigen Metallgestellen ausgestellt hat. 

Morgens gibt es warmen Kaffee bei offenem Fenster und Blick auf die Wellen und mittags werden die Füße im Sand unterm Sonnenschirm am Strand vergraben. 

Ach du scheisse, denke ich dann. Sand. So ein Strand hat viel Sand. 

Ich habe Kinder. 

Am Strand dann panierte Kinder, im Feriendomizil dann Tonnen von Sand im Bett. Im Schrank. Im Bad. Auf dem Sofa. Im Sofa. Unter dem Sofa, das mir nicht gehört und das ich am Ende des Urlaubs wieder in einen reinlichen Zustand versetzen muss. 

Puh, denke ich, und denke weiter an die Putzorgien. Und an die Diskussionen übers Eincremen mit Sonnencreme. Und an runtergefallene Eiskugeln auf dem gepflasterten Boden vor der traditionsreichen Eisdiele auf dem beschaulichen Marktplatz. 

Vielleicht ist das Wellengeräusch auf dem weit vom Strand entfernten, heimischen Sofa doch nicht so schlecht. 

Du jammerst dein vermeintliches Knieschmerz Jammern. Ich bin müde. Ich streichle immer noch deinen Kopf. Die fiktive Möwe krächzt. 

Mutterleben. 

 


 

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