Packen
Ich packe für den Urlaub.
Das Baby sitzt in ihrer Wippe und nörgelt.
Einen Schnuller möchte sie immer noch nicht.
Das große Kind ist grade mit dem Mann vom Schwimmbadbesuch heimgekommen und hüpft, fröhlich vor sich hin rufend, auf der väterlichen Seite vom Bett.
Auf meiner Seite vom Bett befinden sich neben besagter Babywippe ungefähr 3 Zentner Wäsche.
Man könnte meinen, ich wasche für sämtliche meiner Ahnen und das benachbarte Mehrfamilienhaus gleich mit.
Das Baby nörgelt lauter, die Große stellt unmissverständlich klar, dass sie möchte, dass ich ihr zugucke.
Ich merke, wie mein Stresspegel steigt.
Ich lächle der Großen zu, schubse die Wippe vom Baby an und murmele beruhigenden Worte.
Dann beeile ich mich und versuche möglichst sinnvoll die Wäsche in einzelne Berge zu häufen und beim Zusammenlegen gleich schon in Urlaubs- und Schrankwäsche zu unterteilen. Zeitsparen will ich. Nicht alles zweimal in die Hand nehmen müssen.
Mein bester Freund beim Packen sind Wäschenetze in verschiedenen Größen.
So kann man die diversen Kleidungsstücke einigermaßen geordnet und vor allem platzsparend in den Koffer werfen, ohne, dass sich nach dem Öffnen am Urlaubsort, sofort die Büchse der Pandora in die unschuldige Ferienwohnung entleert.
Das Baby meckert jetzt lauter. Nix da, Mama, ich möchte jetzt (!) auf den Arm. Sofort!
Die Große hüpft. Wäschestücke fallen vom Bett.
Mein Augenlid zuckt.
Ich atme durch und erkläre ihr, dass ich nicht will, dass die Wäsche durcheinander kommt.
Okay, Mama.
Die Große hüpft.
Das Baby schreit nun.
Ich erkläre grollend, und wahrscheinlich am allermeisten mir selber, dass ich jetzt diese Wäsche abarbeiten muss, wenn irgendjemand aus der Familie im Urlaub bekleidet rumlaufen möchte.
Die Große hüpft.
Ein Wäscheberg stürzt ein. Seine Ausläufer rollen mir vor dem Bett vor die Füße.
Das Baby schreit. So doll, dass sie einen roten Kopf bekommt.
Ich bin gestresst.
Beuge mich zum Baby und rede beruhigend auf sie ein. Dabei kicke ich aus Versehen ein paar frisch zusammen gedüddelte Socken unters Bett. Ciao.
Wahrscheinlich sehe ich sie nie wieder.
Der Mann kommt rein und nimmt sich dem Baby an.
Das Baby meckert, weil es nicht bei Mama auf dem Arm ist.
Die Große hüpft. Wäsche fällt vom Bett.
Der Mann schunkelt das schimpfende Baby durch die Wohnung.
Ich lege in Windeseile die Wäsche zusammen und packe einen Teil der mit-in-den-Urlaub-Klamotten der Großen in ein Wäschenetz.
Im Urlaub soll es regnen und kühler werden. Sie braucht also langärmelige Shirts und Hosen, versuche ich zu denken.
Hastig werfe ich Wäscheteile um mich, sehe ein bisschen so aus, als ob ich matrixmäßig imaginären Kugeln ausweichen würde und irgendwie stimmt das ja auch, denn ich fühle mich grade mit so einigem bombardiert.
Die Große hüpft und fordert mich weiterhin eindringlich auf, ihr zu zuschauen.
Das Baby schimpft unüberhörbar auf Papas Arm; der Gleiche hopst durchs Wohnzimmer und summt energisch ein Schlaflied.
Wäsche fällt vom Bett.
Ich weiß, dass das Baby müde ist und nur in Ruhe auf meinem Arm einschlafen will.
Ich weiß, dass die Große grade so sehr Zeit mit mir braucht.
Ein Kind fragt nicht, ob man Zeit mit ihm verbringt, ein Kind ruft und will, dass du zuguckst. Oder es möchte mit dir was spielen. Und zwar jetzt gleich.
Beide Kinder muss ich grade warten lassen. Wiedermal unerfüllte Bedürfnisse aufgrund von Hausarbeit.
Wiedermal flammt das schlechte Gewissen in heißen Schüben in mir auf.
Ich werfe mit Wäsche um mich. Versuche, zwischen all dem Geschrei und Gehüpfe meine Gedanken zu hören und meine verbliebenen Gehirnzellen auf Effizienz zu steuern.
Dann, endlich, der Berg scheint bezwungen, drei Unterbumbeln noch und dann ab dafür.
Die Große hüpft. Zusammengelegte und für den Urlaub sortierte Wäsche fällt vom Bett.
Mein Augenlid zuckt.
Das Baby schreit.
Der Mann summt.
Hier hat grade niemand mehr Nerven für Hausarbeit.
Ich nehme das Baby.
Fast augenblicklich schläft sie auf meinem Arm ein.
Die Große hört auf zu hüpfen und verlässt das Schlafzimmer mit der Aussicht auf ein Stück Himbeerkuchen, den ich uns vorhin nach dem Einkaufen vom Bäcker besorgt habe.
Noch zwei Tage bis zur Abfahrt. Wo sind eigentlich die Koffer?
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