Zeit zu Zweit



Der Mann hat morgen Geburtstag. 

Und diesem Ereignis zu Ehren, dachte ich mir, gehen wir mal frühstücken. 

Nur wir beide. 

So richtig mit Sitzenbleiben können, ohne dauernd wieder aufstehen zu müssen. 

Also: ohne Kinder. 


Wer selber welche hat, weiß also bereits an dieser Stelle, dass dieses Frühstück kein locker leichter Spontanausflug war; sondern eine langgeplante Aktion in der diverse Familienmitglieder drin verwickelt werden mussten.


Was also auf meinen Instagram Bildern so entspannt und meinetwegen auch romantisch wirkt, hatte eher einen ziemlich langen Vorlauf, auch am FrühstücksVormittag selbst; denn man kann sich ja schlecht gebügelt und gestriegelt ins Café zaubern. 


Die Oma musste gefragt, einbestellt und instruiert werden (Kopf ab = Krankenhaus, Fernbedienungen für den Fernseher = ganz oben links im Regal, damit das Baby nicht an den Batterien lutscht, sonst auch Krankenhaus, Sofa = kein Trampolin, etc., ihr kennt das). 


Heute Morgen bin ich dann mit einem Gefühl, als ob ich mit einer Bratpfanne verhauen wurde, um 6:30 Uhr mit dem Baby aufgestanden, um es dann auch ja bis zum rhythmisierten Vormittagsnickerl wieder müde gespielt zu bekommen. 


Nebenher habe ich Mittagessen für die Bagage vorgekocht, Frühstück, sowie Obstplatten für alle im Haus bleibenden Familienmitglieder gerichtet und der Oma ein Video davon aufgenommen, wie unsere Fernbedienungen funktionieren. 


Währenddessen ist mir das Baby zwischen den Beinen herumgekrabbelt, hat sich viermal den Kopf wo angestoßen, war dreimal lautstark sauer und hat sechsmal nachhaltig verlangt, auf meinen Arm genommen zu werden, wobei sie mir einmal davon eine tote Fliege in den Mund gesteckt hat. 


Danach habe ich die benutzte Küche wieder aufgeräumt, das Baby aus der Spülmaschine gepflückt, das große Kind durchs Bad und die einzelnen Hygienestationen gescheucht und mir dann in mein fahles Bratpfannengesicht ein bisschen fröhliche Farbe geklatscht, während meine, in Boxershorts und Brusthaar gekleidete, Frühstücksbegleitung seine Zähne mit der Zahnseide bearbeitet hat. 


Hinter uns drosch das Baby juchzend mit einer Gießkanne auf den Rand der Badewanne ein und aus dem Kinderzimmer der Großen schallten die gräßlichsten Schlaflieder der Welt von der Toniebox, während sich niemand sicher sein konnte, ob sie nun auf ihrem Zeichenpapier oder doch der Kinderzimmerwand malte. 


Der Vormittag war also wahrscheinlich recht typisch, für eine Familie, mit zwei kleinen Kindern. 


Der erste Stress entstand, als das Baby zu ihrer Schlafenszeit noch nicht müde erschien, die Katze sich unter den Esstisch übergab und parallel die Nudelsuppe zum Mittagessen überkochte. 


Trotzdem- ihr habt’s ja alle gesehen- ist es dem Mann und mir gelungen einigermaßen pünktlich, ohne Kinder (!) und mit erstaunlich guter Laune am Ort des Geschehens zu landen. 


Wer jetzt beim lesen ein „Puh- Ende gut, alles gut“ Gefühl entwickelt hat, dem rate ich, nun gut durchzuatmen. 


Natürlich war das Frühstück zu zweit schön. 

Natürlich war es schön, das schöne Kleid, das schon so lange neu & ungetragen im Schrank hing, anzuziehen und es damit sogar ohne Sabberfleck aus dem Haus zu schaffen. 

Natürlich haben wir ein Foto gemacht und das auch mit unseren Freunden geteilt. 

Und natürlich sieht es nach einer ganz tollen, leichten Zeit aus. 


Aber an die Mama, die mein Foto diesen Samstagvormittag gesehen und dann sehnsüchtig seufzend wieder auf ihre Wäscheberge geblickt hat, 

an die Mama, die sich auch so sehr wünscht, das Haus endlich auch mal wieder nur mit ihrem Partner:in zu verlassen, 

an die Mama, die seit 6 Uhr ihre Kinder bespaßt, versorgt und die über mein Bild ordentlich mit den Augen rollt, weil sie selbst wahrscheinlich noch nichts gegessen, dafür aber bereits Saftpfützen vom Boden und Tränen aus kleinen Gesichtern gewischt hat: 


Liebe Mama, 

Lass dich von dieser, meiner, Momentaufnahme nicht täuschen. 

Auch für mich ging der Tag ohne rosa Wolken und dafür mit ordentlich Momzilla Gehabe weiter. 


Mit dem Zufallen der Haustür habe ich mein schönes Kleid gegen das alte, sabberbefleckte T-Shirt von heute Morgen getauscht, habe die, zusammen mit der Oma bemalten Steine der Großen gelobt, danach das Baby eine Stunde erfolglos einschlafbegleitet, war frustriert, weil ich wusste, dass nun die Große deswegen auch sauer wird, da ich Eis und Zeit zu Zweit (!) auf dem Sofa mit dem neuen Buch versprochen habe. 

Bin wegen dieser Verkettung von unglücklichen Umständen sauer geworden, am meisten auf mich selber, habe wegen einem winzigen Fleck auf dem Sofa rumgebrüllt, war noch mehr sauer, dass ich deswegen gebrüllt habe, habe dann zähnefletschend die Wäscheberge abgearbeitet, anschließend erneut Essen zubereitet und dann alle weiteren Hausarbeiten in der Unterhose bestritten, da das Baby mir ihr Nachmittagsmahl über die letzte saubere Shorts gespuckt hat. 


Nun habe ich wunde Oberschenkel, ein großes Kind, das zu viel Fernseh geguckt hat, ein übermüdetes Baby und Streit mit dem Mann, der vom Einkaufen zurück in das Haifischbecken aus schlechter Laune, diverser Kinderwut und unendlichen Forderungen nach (mehr) Eis geraten ist. 

Das schlechte Mamagewissen wegen Rumbrüllen und nicht-genug-mit-den-Kindern-gespielt-zu-haben-wegen-Haushalt muss ich nicht extra erwähnen, oder?! 


Zusammengefasst bleibt von der schön dargestellten Zeit zu Zweit eine Erinnerung an allererste 3 Stunden zu Zweit ohne Kinder seit über einem Jahr. 

Und an 10 Minuten in Ruhe auf einer Bank im Schatten sitzen, um ein Foto davon zu machen. 


Der Rest war wie bei dir, liebe Mama. 

Danke, dass du das alles auch morgen wieder machst!


 

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